Bacchanale 2019. Retrospektive.
16.5.–13.6.2020

Freitag-Sonntag // 16-19 Uhr

Wenn man über die Oberstraße geht, trifft man eigentlich immer jemanden, den man kennt.

Die Oberstraße, der öffentlichste Ort, die Flaniermeile Bacharachs wurde am 1. September 2019 zur großen Bühne des Mittelrheintals: Zum Abschluss des Festivals An den Ufern der Poesie inszenierte das Theater Willy Praml aus Frankfurt mit der Bühnenbildnerin Sandra Meurer die Hauptverkehrsader Bacharachs als Bacchanale.

In Geschäften, Wirtshäusern, Kirchen, Vorgärten, Leerständen, auf Garagendächern, in Schaufenstern, selbst im ehrwürdigen Rathaussaal. Mit echten und gefälschten Mittelrheintalern.

Die Zuschauer schlenderten durch die Inszenierung, puzzelten sich ihr eigenes Theaterstück zusammen, von der Peterskirche bis zum Rathaus.
Schauspieler und Schauspielerinnen des Festivals und 30 Mittelrheintaler zwischen 22 und 86 Jahren zeigten sich in fantastischen Szenen als Seniorenchor und Ziegenführer, Troubadourin, Mittelrheintal-Grantler und Eisenbahnflüsterer oder probten als "Hippiegemeinde Blaue Blume 1965" (Durchschnittsalter 75 Jahre) Gesänge für die BUGA 2029.

Sie lauschten im Sprachkurs "Arabisch für Eingeborene" dem Wohlklang von Heines Loreley-Gedicht auf Arabisch oder richteten unter der roten Laterne am Rathaus die "Erste amtliche Mundart-Peepshow" aus, während im Ratssaal der gerade aus dem Amt geschiedene Bürgermeister Karl-Heinz Schleis als Eisenbahnflüsterer sein Lob der Bahn intonierte.
Man sah dem bekannten Maler Michael Apitz beim Entstehen einer Schaufenster-Hinterglasmalerei zu oder lauschte den Poesie-Kaskaden des "Heimatdichters" Friedrich Paff in seinem eigenen Haus.
Der japanische Kaiser und Papst Benedikt ließen sich als Rentner in der Nähe ihrer Lieblingsweinkeller nieder und die schönsten Mädchen des Ortes paradierten auf Video-Screens zwischen Blütenstauden in ihren blausilbernen Gardekostümen...

Kurzum – die Bacchanten stellten fest:


Eigentlich sind wir ganz anders – wir kommen nur viel zu selten dazu.

An den Ufern der Poesie

An den Ufern der Poesie, so heißt das Theaterfestival in der europäischen Kulturregion und im Unesco Welterbe Oberes Mittelrheintal. Seit 2015 inszeniert das Frankfurter Theater Willy Praml in zweijährigem Turnus seinen fünfstündigen theatralen Parcours "Der Rabbi von Bacharach. Heine. Stationen eines Traumas" in der Ruine der Wernerkapelle, am Rheinufer und auf fünf weiteren Bühnen in Bacharach.
2019 wurde die Theateraktion – unter der Schirmherrschaft von Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz – erweitert zu einem einmonatigen Theaterfestival mit Inszenierungen und Bearbeitungen von Werken von Heinrich Heine, Georg Büchner, Franz Schubert, E.T.A. Hoffmann und Christa Wolf und Aufführungen in Bacharach, Oberwesel, Kaub, Lorch und Niederheimbach. 2021 – 2023 – 2025 – 2027 … bis zur BUGA 2029 soll sich das Theaterfestival zu einem auch überregional ausstrahlenden Kulturereignis auswachsen: mit Bezügen zum geschichtlichen, literarischen und kulturellen Erbe des Mittelrheintales und in aufgeklärter künstlerischer Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft dieser Kulturregion im Herzen Europas.